Unscheinbare Zier – Ohr- oder doch Zopfringe?

Bei der Auffindung des Toten in Grab 1 vom Glauberg entdeckten die Ausgräber in seinem Kopfbereich zwei kleine Ringe aus Golddraht. Mit Durchmessern unter 8 Millimetern und einer maximalen Drahtstärke von 1,45 Millimetern erscheint ihre Verwendung als Ohrringe fraglich. Erstaunlicherweise treten vergleichbare Ringe im Südwesten Deutschlands vereinzelt in Gräbern hochgestellter Persönlichkeiten des 6. bis 4. Jahrhunderts v. Chr. auf. Die Goldringe scheinen also eine gewisse Funktion als Machtanzeiger besessen zu haben. Diese These mag durch den Umstand gestützt werden, dass sie auch vereinzelt geborgen wurden, eine paarige Tragweise also nicht selbstverständlich war. Die kleinen Goldringe befanden sich nicht nur auf Höhe der Ohren. Ihre Lage bei der Schulter oder am Hals sprechen zusammen mit den geringen Durchmessern gegen ihre Verwendung als Ohrringe. Möglicherweise trug Mann sie als Zier feiner Zöpfchen, um so die Zugehörigkeit zu einer elitären Gruppierung anzuzeigen.

Das Schwert aus Herrschergrab 2

Schwerter zählten in der Eisenzeit zu den repräsentativsten Waffen. Besonders wenn sie, wie im Fall der Waffe aus Grab 2 vom Glauberg, in reich verzierten Metallscheiden steckten. Die schützende Hülle besteht aus Eisen, die an der Vorderseite mit einem Bronzeblech verkleidet wurde. Es weist zahlreiche Verzierungen in Form von figuralen, spiegelsymmetrisch komponierten Gravuren und einem Mäanderband auf. Zwei Klammern, die der aus Einzelteilen zusammengesetzten Schwertscheide Halt verliehen, trugen einst Auflagen aus wohl edlen Materialien.

Im krassen Widerspruch zur wertvollen Anmutung steht allerdings der desolate Zustand der Waffe bei ihrer Niederlegung. Die Griffangel war gebrochen und bereits antik repariert, der Holzgriff fehlte vollständig. Auf noch mehr „unsachgemäßen“ Gebrauch lässt die Biegung in der Mitte der Waffe schließen. Sie entstand beim Zusammen- und anschließenden Auseinanderbiegen des nun funktionslos gewordenen Schwertes!

Rekonstruktion der Bogenausrüstung des „Keltenfürsten vom Glauberg“

War der Keltenfürst vom Glauberg ein Jäger? Einige Beigaben in seinem Grab lassen diesen Schluss zu. Am sichersten erscheint dabei die Deponierung von drei Pfeilen. Die eisernen Spitzen, an denen sich sogar noch Reste der Holzschäfte befanden, lagen aber nicht isoliert im Grab. Zahlreiche Lagen aus Holz, Leder und Stoff verweisen auf einen aufwendig konstruierten Köcher, der seine Stabilität primär einer Röhre aus Pappelholz verdankte. Vom Bogen selbst fand der Restaurator nur noch mit feinsten Ritzmustern verzierte Holzbröckchen. Ihre Lage erlaubt zusammen mit der rekonstruierbaren Länge der Pfeile eine Annäherung an die einstige Bogenform. Diese geschwungene Form und eine geschätzte Länge von etwa 120 Zentimetern erinnern an Waffen der Ureinwohner Nordamerikas. Sie sind somit ein Beleg für die Praxistauglichkeit des Bogens, den der Keltenfürst wohl vor allem bei der Jagd zu schätzen wusste.

Kleine Gewandspange mit Goldscheibe

Fibeln, also metallene Spangen nach Art einer Sicherheitsnadel, dienten gewöhnlich als Kleidungsverschlüsse. Große Exemplare sicherten wohl schwere Wollmäntel, grazile Fibeln hingegen leichtere Kleidungsstücke. Als ausgesprochene Miniatur wirkt das Exemplar, das im Mundbereich des Leichnams aus Grab 3 vom Glauberg entdeckt wurde. Es ist aus Bronze gefertigt, lediglich 2 Zentimeter lang, allerdings mit zwei Korallenperlen und einer Scheibe aus Goldfolie verziert. Ausgehend von der Überlegung, dass die Dimension Aufschluss über den einstigen Verwendungszweck gibt, muss man von einem feinen Gewebe ausgehen, dass die Fibel einst zusammenheftete. Auch die auf sie wirkende Kraft wird eher gering gewesen sein. Somit lässt sich an eine feine Stofflage denken, die die Fibel vor dem Gesicht des Leichnams verschloss. Über den Grund kann allerdings nur spekuliert werden.

Goldener Fingerring des „Keltenfürsten“

Zu den aus Gold gefertigten Beigaben, die die herausragende Stellung des Toten aus Grab 1 vom Glauberg besonders unterstreichen, zählt ein Fingerring. Mit einem Innendurchmesser von 1,8 Zentimetern entspricht er etwa der heutigen Ringgröße 57. Er ist aus mehreren Einzelteilen aufgebaut, wobei die aus Perldraht gefertigten Zierelemente mit dem Rest des Rings verschweißt wurden. Nach Ausweis der Grabungsdokumentation trug der Tote den Ring an seinem rechten Ringfinger. Dies ist auch die Position, an der die Darstellung eines Rings an der Sandsteinstatue vom Glauberg zu sehen ist. Das Tragen eines Rings am Ringfinger kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Die Tatsache, dass Ringe bereits in der Vergangenheit häufig aus Gold gefertigt wurden, trug dem Ringfinger auch den Namen Goldfinger ein.

Von Nah und Fern? Methodische Aspekte zur Wegeforschung

Die Untersuchung von vorgeschichtlichen Wegen ist eine der interessantesten und zugleich anspruchsvollsten Aufgaben archäologischer Forschung. Neben den traditionellen Methoden der Wegeforschung haben sich seit einigen Jahren auch Verfahren etabliert, die mit Hilfe Geografischer Informationssysteme eine auf induktiven und deduktiven Daten basierende Modellierung von potenziellen Wegeführungen ermöglichen. Am Beispiel des früheisenzeitlichen „Fürstensitzes“ auf dem Glauberg kann gezeigt werden, dass diese Verfahren zum Teil zu anderen Ergebnissen führen als die bekannten traditionellen Ansätze und dabei das Erkenntnis-und Erklärungspotential vorgeschichtlicher Wegeforschungdeutlich erweitern können.

Keltische ›Fürstensitze‹ – Orte der Herrschaft?

Die sogenannten keltischen Fürstensitze der frühen Eisenzeit, darunter auch der Glauberg, standen lange Zeit im Fokus der Siedlungsforschung. Ihre Bedeutung als Macht-, Handels-, Handwerks- und Kultzentren gleichermaßen schien eindeutig. Neuere Forschungen konnten in den letzten Jahren dieses vermeintlich homogene Bild auflösen und zeigen, dass die verschiedenen Anlagen deutlich weniger einheitlich sind und ihre herausragende Stellung im Siedlungsgefüge der frühen Eisenzeit mitunter unterschiedliche Ursachen hatten. Sie alle führten aber zu einem Bedeutungsüberschuss, der die Annahme einer wie auch immer gearteten Herrschaft an ihrem Platz wahrscheinlich werden lässt.

Luxuswagen in der keltischen Welt

Während die meisten Menschen der keltischen Welt sicherlich zu Fuß unterwegs waren, waren Pferdewagen den Angehörigen der Oberschicht vorbehalten. Oder andersherum: Da wir nicht von vornherein wissen, wer zur Oberschicht gehörte, werden Teile der Wagen generell als Anzeiger für die Anwesenheit einer Oberschicht gewertet. Bei Grabinventaren stellt dies meist auch kein Problem dar, da Objekte vom Wagen oder zugehörigem Pferdegeschirr meist nicht die einzigen qualitätvollen Beigaben sind. Anders verhält sich dies bei Siedlungen. Erwartet werden solche Objekte, die zu dem selteneren Fundgut gehören, eher in großen Zentralsiedlungen, meistens befestigt und an einer markanten Stelle der Landschaft angelegt. Daher war es eine Überraschung, als bei einer Grabung der hessenArchäologie 2018 in einer Siedlungsgrube bei Lützellinden (Gießen) neben anderen qualitätvollen Objekten ein verzierter Achsnagel vom Ende des 3. oder aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. entdeckt wurde, die eher von zeitgleichen städtischen Siedlungen (oppida) oder anderen wichtigen Orten bekannt sind. Ein solcher Achsnagel, vor dem aufgesteckten Speichenrad durch ein Loch im Achsschenkel gesteckt, sichert das Rad auf der Achse und verhindert, dass es während der Fahrt vom Achsschenkel runterläuft.

Ein Blick auf die Karte verrät, dass Lützellinden an einer wichtigen Route liegt zwischen Bad Nauheim im Süden, wo eine der größten mitteleuropäischen Salinen des 2. und 1. Jahrhunderts v. Chr. betrieben wurde, und dem Dünsberg im Norden, auf dem die mächtigen Ringmauern noch die damalige keltische Stadt bezeugen. Damit kann ein Achsnagel wie aus Lützellinden als Hinweis dienen, dass Mitglieder der Oberschicht nicht nur in Zentralorten lebten, sondern sich auch in ländlichen Siedlungen aufhielten, wohnten und eventuell auch bestimmte Wegabschnitte kontrollierten. Oder gab es vielleicht hier nur eine Raststation, bei der ein Rad repariert werden musste?

Zum weiter Lesen: Jens Köhler/ Ferenc Kántor, Scheinbar unscheinbar! Ungewöhnliches Fundmaterial aus Lützellinden. Landkreis Gießen: Überraschendes aus einer mittellatènezeitlichen Grube im Gießener Stadtgebiet. hessenARCHÄOLOGIE 2018, Seite 90–94.

Röhrenkanne mit geflügelter Tierfigur

Die aus dünnem Bronzeblech gefertigte und mit Gravuren prachtvoll verzierte Röhrenkanne stammt aus Grab 2 und ist aus keltischer Produktion. Der Boden der Kanne besteht aus Eichenholz, das mit einer verzierten Bronzescheibe verblendet ist. Auf dem Deckel steht ein geflügeltes Wesen mit Pferdekopf und Raubtierkörper. Es blickt nach hinten, wo ein in seinem eingerollten Schwanzende befestigtes Bronzekettchen den Deckel an der Kanne fixiert. Untersuchungen legen Honigwein als Inhalt der gut 9 Liter fassenden Kanne nahe.

Hier können sie die Röhrenkanne in AR betrachten (Android):

Der Keltenfürst vom Glauberg

Die weltberühmte, lebensgroße Statue des „Keltenfürsten vom Glauberg“ wurde 1996 gefunden. Die bis auf die Füße vollständig erhaltene Sandsteinstatue zeigt einen bewaffneten männlichen Krieger. Sie besteht aus einer einheimischen Sandsteinart, die nur wenige Kilometer von Glauberg entfernt verfügbar ist.